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Königs Wusterhausen  
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Tageweise werden wir Frauen ja für so manches geehrt. Zum Valentinstag als Geliebte, zum Frauentag als Partnerin auf Augenhöhe, zum Muttertag … na klar als Mutter. Vom Valentinstag ist bekannt, dass er die reine Erfindung der Blumenhändler und Süßwarenhersteller war, um den Verkauf ihrer Produkte anzukurbeln, vom 8. März, dass Frauen ihn sich als ihren Symboltag für Gleichberechtigung und Frauenrechte erkämpft haben. Und wer hat sich den Muttertag ausgedacht?

 

Der Muttertag kommt -  wie so vieles – aus den USA. 1865 trafen sich amerikanische Frauen zum ersten Mal zum Mother’s Day. Fünf Jahre später nannten sie ihn Mütter-Friedenstag und machen damit deutlich, dass sie ihre Söhne nicht mehr in Kriegen opfern wollen. Ab 1907 wurde die Sache religiöser. Die Methodistin Anna Marie Jarvis hielt am Todestag ihrer Mutter eine Andacht zur Erinnerung. Und bis 1914 war der Brauch so verbreitet, dass der zweite Sonntag im Mai Staatsfeiertag in den USA wurde. Nach Deutschland kam der Muttertag 1923, betont unpolitisch vom Verband der Blumengeschäftsinhaber eingeführt. Damit sein Anliegen aber nicht zu plump und vordergründig daher kam, suchte und fand der Blumenhändlerverband mit der Arbeitsgemeinschaft der Volksgesundung eine „neutrale Stelle“, die Muttertagsidee zu verbreiten. Ziele dieser Arbeitsgemeinschaft waren unter anderem eine „erhöhte Kinderproduktion der Deutschen“ wobei „die Gesamtheit des Volkes von schädlichen Erbmassen" befreit werden sollte, und eine klare Definition der Frauenrolle „an der Seite des Mannes Priesterin an seinem Herde und Mutter seiner Kinderschar" zu sein. Propaganda gegen Abtreibung und sexuelle Selbstbestimmung inklusive. Ende der 1920er Jahre war es geschafft: Der Muttertag begann, sich als Tradition im öffentlichen Bewusstsein festzusetzen, und der Blumenverkauf florierte.

So richtig zu Ehren kam der Muttertag in Deutschland dann zur Hitler-Zeit. Der zweite Mai-Sonntag wurde zum „Ehrentag der deutschen Mutter“. Die Mädchen lernten im BDM früh ihre Aufgaben: „Frauen streben nicht nach Posten und Stellungen, sie beanspruchen keine ‚Rechte‘ außer dem des Dienendürfens und dem Recht, Pflichten auferlegt zu bekommen.“

Neben ihrem archaischen Frauenbild hatten die Nazis handfeste Gründe, den Frauen und Mädchen die alleinige Mutterrolle aufzudrängen. Schließlich hatten sie  in ihrem Wahlkampf versprochen, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, indem sie die berufstätigen Frauen (in der Weimarer Republik etwa ein Drittel der erwerbstätigen Bevölkerung) zurückdrängten. Per Gesetz wurden Frauen entlassen, geringer bezahlt, von leitenden Positionen entfernt, verheiratete Frauen nicht mehr eingestellt. Erst mit der Kriegsproduktion durften später auch verheiratete Arbeiterinnen wieder schuften – für 70 % des Männerlohnes. Die Lebensrealitäten der bürgerlichen Hausfrauen dagegen wurden  durch die Propagierung der klassischen Rollenverteilung nicht nur positiv bestätigt, sondern geradezu verklärt.

Zum Muttertag 1939 gab es erstmals das Mutterkreuz. Der Führer verlieh es an brave deutsche Mütter, die ihm zahlreiche arische Söhne und Töchter schenkten. Bronze gab es ab  vier, Silber ab sechs und Gold ab acht Kindern.

Die zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufkommen Frauenemanzipation hatten die Nazis also gründlich gestoppt. Ihre Rollenvorgaben saßen auch nach 1945 weiter tief  in den Köpfen.

In der Bundesrepublik fand man das vorhandene Frauenbild ganz praktisch, half es doch, die durch den Krieg und die Not recht selbständig gewordenen Frauen leicht und schnell wieder an den Herd zu schicken, als die Männer nach Hause kamen. Es dauerte noch über zwanzig Jahre bis die Frauen dagegen aufbegehrten.

Die Frauen in der DDR waren in ihrer Mehrheit berufstätig, verdienten ihr eigenes Geld, bekamen Kinder  und hatten sich zumindest offiziell vom Nazi-Mutter-Bild verabschiedet. Sie feierten Frauentag. Es gab Blumentöpfe in Ermangelung von Schnittblumen, der Chef bediente beim Kaffeekränzchen und von den Oberen (meist Herren) gab es Orden für Verdienste in der Produktion.

Frau, Geliebte, Mutter. Frauen sehen sich so. Männer sehen Frauen so. In welcher Reihenfolge auch immer. So gibt es für jeden Bedarf den passenden Feiertag.

Und deshalb wird es auch in diesem Jahr zum Muttertag wieder prachtvolle Rosengebinde, nutzloses Selbstgebasteltes und kalorienstrotzende Pralinen geben. Während die deutschen Väter an ihrem Ehrentag zu einer Tour mit Bier und Bollerwagen aufbrechen und sich selbst feiern, werden die meisten Mütter am zweiten Maisonntag, die dargebotenen Präsente und Gedichte mehr oder weniger zufrieden lächelnd entgegennehmen und den Tag nicht für sich, sondern ganz in Familie verbringen.

Und auch die Floristen freuen sich immer noch. „Die Umsätze können sich in der Muttertagswoche durchaus verdoppeln und liegen bei rund 120 bis 130 Millionen Euro“, heißt es beim Fachverband Deutscher Floristen in Gelsenkirchen.

Na dann. Blumen allen Müttern zum Muttertag!

April 2013