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Königs Wusterhausen  
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Beim Bundeskongress der Frauenlisten fühlten sich die Frauen wohl. Zu verdanken hatten sie dies ihrer Gastgeberin: Birgit Uhlworm hatte alles perfekt organisiert – und dabei immer ein Lächeln auf den Lippen.

Von Meike Jänike
KÖNIGS WUSTERHAUSEN „Hast Du gut geschlafen“, fragt Birgit Uhlworm eine der Frauen und nimmt ihr den Mantel ab. Das Lächeln in ihrem Gesicht und die herzliche Umarmung der Mitstreiterin zeigt: Birgit Uhlworm fühlt sich wohl in der Rolle der Gastgeberin – und will, dass es auch den von nah und fern angereisten Frauen gut geht. Mit der von ihr 1993 gegründeten Frauenliste Königs Wusterhausen hat die 49-Jährige am vergangenen Wochenende zum Bundeskongress der Frauenlisten in den Saal der Stadtverwaltung geladen.
Noch bevor alle 98 Besucherinnen am Samstagmorgen ihre Plätze eingenommen haben, wuselt Birgit Uhlworm durch den Saal, rückt Tische und Stühle zurecht, überprüft das Mikrofon und schaut auf die Uhr. „Auch wenn die Frauenliste gemeinsam den Tag vorbereitet hat, fühle ich mich doch für den Ablauf verantwortlich“, sagt sie und blickt zur Tür. Die zierliche Frau mit den kurzen blonden Haaren erwartet hohen Besuch: Zum Auftakt des Fachtages soll Luise F. Pusch sprechen. Die 65-Jährige gilt als Mitbegründerin der feministischen Sprachwissenschaft und ihr Vortrag zur geschlechtergerechten Sprache wird im Saal mit Spannung erwartet. Auch von Lutz Krause, dem Ortsvorsteher von Schenkendorf, der als einer von wenigen Männern mit den Frauen in einer Reihe sitzt – und sich nach dem Vortrag ein Buch von Luise F. Pusch signieren lassen wird.
Birgit Uhlworm hat die Rednerin mittlerweile an der Tür entdeckt und wechselt auch mit ihr ein paar Begrüßungsworte. Wohlfühlen, darum geht es. Und bei Luise F. Pusch scheint das bereits gelungen: „Mein erster Eindruck von Königs Wusterhausen ist sehr positiv. Ich bleibe extra noch etwas länger, um mir mit den Frauen am frühen Abend das Schloss anzuschauen und auf den Spuren Sophie Dorotheas zu wandeln“, sagt sie, bevor sie zum Rednerpult schreitet. Dort wird sie bereits erwartet – jedoch nicht von einer Frau, sondern einem Mann: Königs Wusterhausens Noch-Bürgermeister Stefan Ludwig, der die Frauen aus Bayern, Baden-Württemberg und dem heimischen Brandenburg in der Stadt begrüßt. „Dass eine der letzten Amtshandlungen von Stefan Ludwig eine Handlung für Frauen ist, das freut mich sehr“, sagt Birgit Uhlworm und lächelt verschmitzt.
Das tut sie auch, als Luise F. Pusch mit ihrem Vortrag beginnt. Provokant und gnadenlos seziert diese die Sprache und deckt auf, wo es mit der Geschlechtergerechtigkeit noch hapert: Ist eine Frage wie „Wer wird der nächste Bundeskanzler“ aus weiblicher Sicht gerecht? Oder ist die Bezeichnung „der Bürgermeister“ wirklich geschlechtsneutral? Mit einer guten Portion Humor deckt die Sprachwissenschaftlerin auf: „Die Frau ist nicht der Rede wert.“
Und das ist so nicht hinnehmbar, da sind sich die Frauen einig – auch Birgit Uhlworm. „Luise hat vollkommen recht: Wenn wir Frauen in der Sprache nicht auftauchen, werden wir auch nicht gehört“, sagt sie während der kleinen Kaffeepause, die den Vortrag in zwei Hälften teilt. Bevor es mit dem Sezieren der Sprache weitergeht, gilt es noch einiges vorzubereiten. „Heute Abend tritt die Königs-Wusterhausener Sängerin Peggy Schumann mit ihrem Pianisten für uns auf“, kündigt Birgit Uhlworm an, während sie der Sängerin zur Technikanlage folgt. Über das Mikrofon werden ab 20 Uhr Berliner Chansons erklingen. „In den Texten tauchen selbstbewusste Frauen der 20er Jahre auf“, sagt Peggy Schumann, die selbst vor kurzem dem Bündnis für Frauen beigetreten ist.
Birgit Uhlworm lauscht bereits dem zweiten Teil von Puschs Vortrag. Mit einer Kaffeetasse in der Hand lehnt sie sich auf ihrem Stuhl nach vorne und nickt immer wieder zustimmend. Auch bei Puschs Glosse über „Die Bundesadlerin“: „Wusstet Ihr, dass bei Adlern die Weibchen immer größer sind als die Männchen. Das heißt: Der machtsymbolisierende Adler auf vielen Wappen ist eigentlich eine Adlerin.“ Lautes Lachen im Saal, aber auch die Erkenntnis: „Bis zu einer geschlechtergerechten Sprache ist es noch ein langer Weg.“
Bevor über diesen Weg am Nachmittag in Fachgruppen beraten wird, nehmen die Frauen erst mal eine kleine Stärkung ein. Die Organisation hat Birgit Uhlworm wie immer gut im Griff: „Wer hat am meisten Hunger“, fragt sie über das Mikrofon – und alle Frauen, die sich melden, können im kleinen Speisesaal im Untergeschoss als erste Kartoffel- oder Broccolisuppe löffeln. Birgit Uhlworm selbst isst in der Küche nur einen kleinen Happen, dann wetzt sie schon wieder los, um für den Workshop ein paar Unterlagen zu kopieren – unter anderem die Geschäftsordnung der Stadtverordnetenversammlung von Königs Wusterhausen. „Die werden wir heute Nachmittag sprachlich genau unter die Lupe nehmen“, kündigt die Stadtverordnete Birgit Uhlworm an, bevor sie lächelnd in ihre Rolle als Gastgeberin schlüpft: zwei Frauen suchen den Weg zum Speisesaal.


Märkische Allgemeine Zeitung vom 12.10.2009 (Dahme Kurier)