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Königs Wusterhausen  
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Im vergangenen Jahr hatten wir uns bemüht, die Zernsdorfer Malerin Iris Hahs-Hoffstetter im Rahmen der Suche nach FrauenOrten im Kulturland Brandenburg aus dem Vergessensein zu holen. Das hatte leider nicht geklappt. Nun aber haben wir einen anderen Weg gefunden, an die Künstlerin, die 30 Jahre in Zernsdorf gelebt und gearbeitet hat zu erinnern. Im März beschloss die Stadtverordnetenversammlung auf unsere Initiative hin, eine der neuen Straßen des künftigen Wohngebietes auf dem ehemaligen Schwellenwerksgelände nach Iris Hahs-Hoffstetter zu benennen. Und auch eine Erinnerungstafel an die Malerin wird es noch in diesem Jahr geben. Die Stadt hat unseren Vorschlag aufgegriffen und wird am 12. August, dem 25. Todestag von Iris Hahs-Hoffstetter, eine Gedenktafel vor der Friedhofskapelle auf dem Zernsdorfer Waldfriedhof enthüllen. In der Trauerhalle befindet sich das einzige öffentlich zu sehende Werk der Künstlerin.

Der folgende Text der MAZ-Redakteurin Tanja Kasischke über einen Besuch bei der Tochter anlässlich der Straßenbenennung erzählt von der Frau, Künstlerin und Mutter Iris Hahs-Hoffstetter.


Leben einer Muse, Porträt einer Malerin
Späte Würdigung: Iris Hahs-Hoffstetter steckte hinter ihrem Mann zurück – und wurde fast vergessen

Modell gesessen hat Gabriele Winter ihrer Mutter nie, meist beobachtete Iris Hahs-Hoffstetter die Tochter, während das Mädchen las, spielte oder turnte. Ein Bild, das so entstand, ist „Dreimal Gabriele“ aus dem Jahr 1947. Damals war die Tochter sieben Jahre alt. Inzwischen ist sie eine reife Frau, die ihre Mutter in der Art immer mehr gleicht: ruhig, überlegt, diplomatisch. Allein: Statt mit dem Zeichenstift betrachtete Gabriele Winter die Welt ihr Berufsleben lang durchs Kameraobjektiv. Die gelernte Fotografin wohnt mit ihrem Mann in Zernsdorf, wo Iris Hahs-Hoffstetter 30 Jahre lebte und wirkte.

Seitdem Winters im Ruhestand sind, bemühen sie sich, „Iris aus der Isolation zu holen“. Obwohl deren Werk – Aquarelle, Ölbilder, Kohlezeichnungen, Holzschnitte – fast komplett in Familienbesitz ist, sind die Hürden bis zu einer Ausstellung gewaltig: Hahs-Hoffstetter ist regional so gut wie unbekannt. Als Künstlerin steckte sie hinter Ehemann Erwin Hahs, dem Hallenser Kunstprofessor, zurück. Innerhalb der Familie war sie das, was man heute gemeinhin die Managerin nennt. Doch so, wie Tochter Gabriele das Familienleben schildert, scheint es, als habe sich die Mutter bewusst für ihre Rolle entschieden.

„Eine Einstellung, die sie mir mitgab, war die: ,Mach’ es gerne, dann fällt es dir leichter’“, erzählt Gabriele Winter. Für die Ehe ihrer Eltern findet sie warme Worte, es sei eine „bis zuletzt liebevolle Verbindung gewesen“ und die zärtliche Bewunderung der Mutter für den 20 Jahre älteren Erwin Hahs, „kann ich sehr gut verstehen“. Iris ist 16, fast 17, als sie ihrem künftigen Lehrer, Weg- und Lebensgefährten zum ersten Mal begegnet. Die Unternehmertochter studiert an der Kunstgewerbeschule Stuttgart. Was sie beruflich vor hat, kann Gabriele Winter nicht mehr rekonstruieren, aber sie hat bei Mutters Zeugnissen eine Werbekarte entdeckt, die Iris Hoffstetter für die Firma des Vaters – diese stellt Industrieöle und Fette her – entwarf.

„Mein Vater hat meine Mutter in der Mensa angesprochen und sie gebeten, ihm die Schule zu zeigen. Ich habe die Geschichte ihres Kennenlernens geschätzt Tausend Mal gehört“, sagt die Tochter. „Sie hatten dieselbe Wellenlänge.“ Ob es Liebe auf den ersten Blick war oder Erwin Hahs der jungen Schwäbin zuerst rein künstlerisch auf die Sprünge helfen wollte – ein Teil der Geschichte wird für immer Legende bleiben. Die Briefe, die sie ihm schrieb, hat Iris verbrannt. „Mit seinen hatte sie dasselbe vor, wahrscheinlich, weil sie deren Inhalt als zu privat empfunden hat.“ Es kam aber nicht dazu.

1927 folgt Iris Hoffstetter Erwin Hahs nach Halle, fünf Jahre später heiraten sie – und sollten sich ein Leben lang beruflich und privat ergänzen. Iris und die Töchter Gunda, geboren 1935, und Gabriele sind auch Vaters Halt, als der seinen Lehrstuhl an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein verliert, einmal während des Dritten Reiches, ein zweites Mal in der DDR. Beider Werke werden abgewertet, das Paar aus dem Verband Bildender Künstler Deutschlands ausgeschlossen. 1956 zieht die Familie nach Zernsdorf. Gabriele Winter: „Ich weiß nicht, ob Ausreise ein Thema war. Mein Vater war schon 58 und der Ansicht, dass nicht alle gehen konnten. “ Er bleibt. Und Iris versucht nicht, ihn zum Abhauen zu überreden. Sie begegnet der veränderten Situation mit der festen Überzeugung, „dass die DDR so nicht bleibt“.

Die Wende hat die Malerin jedoch nicht mehr erlebt, und dass es in Zernsdorf 25 Jahre nach ihrem Tod eine Iris- Hahs-Hoffstetter-Straße gibt, „hätte sie bescheiden und dankbar zur Kenntnis genommen“, glaubt die Tochter. Sie empfindet es indes als ersten Schritt, die künstlerische Biografie der Mutter – die zeitlebens Bilder mit ihrem Mädchennamen signierte – in der Region zu etablieren. Winters wünschen sich Hilfe dabei, Iris’ Nachlass zu systematisieren: „Die Bilder meines Vaters hat sie gesichtet. An ihr eigenes Werk dachte sie zuletzt.“

Quelle: Märkische Allgemeine, Dahme Kurier, 23.03.2011