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Königs Wusterhausen  
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Die Frauenliste Königs Wusterhausen beteiligt sich mit zwei Vorschlägen an dem Projekt FrauenOrte in Brandenburg. Im Rahmen des Kulturland-Jahres Brandenburg, das diesmal den Frauen in Brandenburg-Preußen gewidmet ist, werden Orte gesucht, an denen Frauen zu verschiedenen Zeiten nachhaltig auf oder für ihre Umgebung gewirkt haben, die aber dennoch vergessen wurden.

Ein solcher FrauenOrt könnte sich künftig im Königs Wusterhausener Ortsteil Zernsdorf befinden. Die Frau, die hier lebte und arbeitete, aber schon zu ihren Lebzeiten totgeschwiegen wurde, war die Malerin Iris Hahs-Hoffstetter. In der Kapelle des Zernsdorfer Waldfriedhofes befindet sich das einzige öffentlich zu sehende Werk von ihr. Falls dem Vorschlag der Frauenliste bei der Auswahl einer Jury im Juni zugestimmt wird, erinnert künftig eine Tafel an der Friedhofskapelle an die Malerin.

Iris Hahs-Hoffstetter lebte von 1956 bis zu ihrem Tod 1986 in Zernsdorf. Ortschronistin Margit Mach hat die Künstlerin erst vor wenigen Jahren wieder entdeckt und zu deren 100. Geburtstag 2008 eine kleine Broschüre über ihr Leben geschrieben.

Iris Hahs-Hoffstetter studierte von 1924- 1927 an der Kunstgewerbeschule in Stuttgart, lernte dort ihren späteren Mann, den Maler Professor Erwin Hahs, kennen und ging mit ihm an die „Kunstwerkstätten Burg Giebichenstein“ nach Halle. 1933 wurden beide mit Berufsverbot belegt. Nach 1946 arbeiteten sie wieder in Halle. Nachdem Erwin Hahs 1952 wegen seiner zeitkritischen Bilder an der „Burg“ zwangsemeritiert wurde, zog die Familie nach Zernsdorf in das Haus des künftigen Schwiegersohnes. 1960 wurde Iris Hahs-Hoffstetter ebenso wie ihr Mann zuvor aus dem Verband der Bildenden Künstler Deutschlands ausgeschlossen. Das war faktisch wieder ein Berufsverbot. Denn wer nicht im Berufsverband war, konnte nicht ausstellen und nichts verkaufen. Dennoch entstanden in der Zernsdorfer Zeit viele Arbeiten vor allem Wachskreidearbeiten und Holzschnitte. Die Motive ergaben sich aus der Natur, der Familie und vor allem aus religiösen Inhalten. So entstand 1961 der Holzschnitt mit dem Titel „Psalm 42, Vers 2“, das Bild einer trauernden Frau, das noch heute in der Friedhofskapelle in Zernsdorf die Trauernden beim Abschied nehmen begleitet.

Auch nach 1990 konnte sich von offizieller Seite in Brandenburg niemand entschließen, die Werke von Iris Hahs-Hoffstetter zu erfassen und öffentlich zugänglich zumachen. Ihr Nachlass befindet sich heute fast vollständig in den Händen der noch in Zernsdorf lebenden Töchter.

Der zweite FrauenOrt, den die Frauenliste vorschlägt, liegt in Prieros in der Siedlung Tiefer See und erinnert an die Politikerin Hilde Radusch. Über sie berichtet Claudia Schoppmann in ihrem Buch Zeit der Maskierung. Lebensgeschichten lesbischer Frauen im "Dritten Reich". Radusch war in den 1920er Jahren Betriebsrätin bei der Post und von 1929 bis 1932 KPD-Stadtverordnete in Berlin. 1933 das erste Mal verhaftet, konnte sie 1944 vor einer erneuten Verhaftung fliehen und versteckte sich bis Kriegsende in dem primitiven Holzverschlag einer Laube in Prieros, im heutigen Seekorso 146. Nach dem Krieg trat sie aus der KPD aus, weil sie nicht glaubte, dass der Sozialismus auf totalitärem Weg zu erreichen sei. Die Partei rächte sich, indem sie Raduschs Zusammenleben mit einer Frau nutzte, ihre Entlassung aus dem Bezirksamt Schöneberg zu betreiben und schließlich auch zu erreichen. Hilde Radusch starb 1994.

Juni 2010